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epressionen sind längst eine Volkskrankheit. Statistiken zeigen, dass in Deutschland etwa 11,3% der Frauen und 5,1% der Männer daran erkranken. Damit ist es eine der am häufigsten diagnostizierten Krankheiten überhaupt. Die besondere Schwere bei dieser Erkrankung liegt in ihrem negativen Einfluss auf das Leben des Betroffenen. Da dieser in Beziehung zu anderen steht, leiden diese jedoch ebenfalls darunter. Insbesondere für den Partner ist es schwer, seinen geliebten Menschen so traurig zu sehen. Der soziale Rückzug, die Hilflosigkeit, die negativen Gedanken und vieles mehr können eine Begleiterscheinung provozieren: Die Ehe zerbricht an Depressionen. Doch das muss nicht sein. Aus einer Ehekrise wegen Depressionen können die Partner auch gestärkt hervorgehen. Gleiches gilt, wenn die Ehe schuld an den Depressionen ist.

Depression und Ehekrise: Wie erkenne ich die Signale?

Depressionen wirken sich auf das komplette Umfeld des Betroffenen aus. Dies liegt in erster Linie daran, dass die depressive Person sich weniger anderen mitteilt. Sie zieht sich zurück, nimmt an Aktivitäten kaum noch teil und grübelt häufig. Mit der Zeit schafft sie nicht einmal mehr, alltägliche Aufgaben zu bewerkstelligen, Entscheidungen zu treffen oder aus dem Haus zu gehen. Im schlimmsten Fall drehen sich die Gedanken ausschließlich um Sorgen, Ängste sowie den Suizid als Ausweg. Zu der negativen Verstimmung kommen außerdem häufig körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Rückenschmerzen und vieles mehr.

Die immensen Auswirkungen der Erkrankung machen deutlich: Eine Ehekrise durch Depressionen ist nicht unwahrscheinlich.

Der Partner steht oft hilflos neben dem Erkrankten und weiß sich selbst sowie dem anderen nicht zu helfen.

Insbesondere in der Anfangsphase der Depression wird diese nicht selten verkannt. Der gesunde Partner deutet das Verhalten falsch und glaubt, der andere würde ihn weniger lieben. Häufig weiß der Depressive noch nicht einmal, dass er unter Depressionen leidet. Er denkt, er schlittert in eine Ehekrise wegen Stress. Immerhin lösen die Folgen einer Depression oft Stress in der Ehe aus. Umso wichtiger ist es, sich mit den wahren Ursachen auseinanderzusetzen.

Ehekrise und Depressionen: frühes Handeln schützt vor schlimmeren Konsequenzen

Die Psychologie unterscheidet zwischen endogenen und exogenen Faktoren, die eine Depression verursachen können. Endogen bedeutet, dass es eine biologische Komponente als Grund für die Schwermut gibt. So wird vermutet, dass die Neigung zur Ausbildung einer Depression genetisch veranlagt sein kann. Von exogenen Faktoren wird gesprochen, wenn die Depression sich in seelischen oder erlebnisreaktiven Ursachen begründet. Ein Beispiel: Der Depressive hat einen geliebten Freund verloren oder erlitt eine Fehlgeburt.

Die Entwicklung einer Depression ist oft das ungünstige Zusammenspiel unterschiedlichster endogener und exogener Faktoren.

Sie gilt es bestmöglich aufzudecken, um dem Kranken eine effektive Hilfe anzubieten. Partner von Betroffenen sind daher dazu angehalten, frühzeitig einzugreifen. Auf diese Weise lässt sich ein schlimmerer Verlauf der Krankheit oft verhindern. Da Depressive in der Regel antriebsschwach sind, ist es wichtig, sie bewusst zum Handeln zu bewegen. Anstatt zu fragen „Gehen wir in eine Selbsthilfegruppe?“, sucht der gesunde Partner eine Selbsthilfegruppe am Wohnort aus und geht mit dem Partner dorthin.

Im Gespräch mit dem Partner bleiben

Einige Partner glauben: Wenn ich meinen Mann/meine Frau in Ruhe lasse, wird er/sie sich schon wieder einkriegen. Doch dadurch entsteht eine Distanz, die letztlich kontraproduktiv ist. Das Paar sollte sich ehrlich und intensiv miteinander auseinandersetzen. Hierbei sind Sätze wie „Reiß dich zusammen“ oder „Jetzt lach doch mal“ überhaupt nicht förderlich. Besser ist es, die wahren Gründe für die Traurigkeit aufzudecken. Auf diese Weise lässt sich ergründen, ob es sich um eine Depression oder eine Ehekrise handelt.

In einigen Fällen entwickelt ein Partner aufgrund der Ehe eine Depression.

In anderen Fällen ist die Schwermut der Auslöser für eine Ehekrise. Manchmal entsteht eine Ehekrise nach einer Psychotherapie, da im Rahmen dieser etwas herauskam, was die Ehe nun belastet. Erschöpfungszustände werden ebenfalls als Depression diagnostiziert, da sie keine eigene Krankheit darstellen. Damit kann es sogar eine Verknüpfung von Burnout und Ehekrise geben.

Was auch immer die Ursache für die Depression ist, es ist wichtig, sie als ganzheitliches, komplexes System zu begreifen. Ein Mensch mit einem gebrochenen Bein hat nicht nur ein gebrochenes Bein. Er hat oft zudem Schmerzen und leidet unter starken Bewegungseinschränkungen. Bei einer Depression ist dies ähnlich. Sie zieht weitere Beschwerden mit sich, die es als gesunder Partner zu verstehen gilt. Es bestehen offenbar Zusammenhänge zwischen Vitalstoff-Mängeln und dem Entstehen von Depressionen. Besonders ein Defizit an dem nervenberuhigenden Vitamin B im Körper spielt dabei eine Rolle. Ein ganzheitlich arbeitender Arzt sollte diese Möglichkeit in Betracht ziehen und entsprechende Untersuchungen vornehmen. Auch die traditionelle Chinesische Medizin hat Antworten zur Behandlung und Heilung von Depressionen. Wer stets im Gespräch mit dem Depressiven bleibt, kann die Depression besser verstehen. Übrigens: Nicht alle Depressive zeigen die gleichen Symptome. Weinkrämpfe sind ebenso typisch wie Aggressionen.

Trotzdem sollte man den Griff zu Psychopharmaka, um das Stimmungstief zu unterdrücken, besser meiden.

Es gibt natürlich den Notfall, bei dem man darauf zurückgreifen muss. Aber, auch wenn dies als Lösung propagiert wird, stellt es doch ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Liest man die Packungsbeilagen, erübrigt sich eine weitere Diskussion. Das Thema Medikamente werden wir an anderer Stelle nochmal vertiefen.

Eigene Grenzen bewahren

Psychologen raten Angehörigen von Depressiven dazu, sich nicht von der Krankheit hinunterziehen zu lassen. Obgleich stets Kontakt zum erkrankten Partner gehalten werden sollte, ist es unerlässlich, sich von den Depressionen abzugrenzen. Ansonsten können Schuldgefühle aufkommen, die die Partnerschaft zusätzlich belasten. Letztlich kann das ein Burnout-Syndrom beim nicht-depressiven Partner provozieren, womit beiden Partnern nicht geholfen ist.

Es kann daher ratsam sein, sich als nicht-depressiver Partner Hilfe zu suchen. Diese lässt sich bei Selbsthilfegruppe ebenso finden wie bei verständnisvollen Freunden. Darüber hinaus ist es wichtig, das eigene Leben nicht komplett aufzugeben. Für die psychische Stärke des gesunden Partners ist es notwendig, dass dieser weiterhin seinen Hobbys nachgeht und Freunde trifft.

Keine Ehekrise provozieren

Ein depressiver Partner kann die Beziehung immens belasten. Der gesunde Partner muss jetzt den starken Part übernehmen. Das heißt konkret, dass er auf Dinge verzichtet, die früher selbstverständlich waren. Dies beginnt bei gemeinsamen sozialen Aktivitäten und reicht bis zum Sex. Das komplette Leben wird durch die Depressionen auf den Kopf gestellt. Das ist eine schwere Belastungsprobe. Verständnis, Geduld und Einfühlungsvermögen sind drei Kerneigenschaften, die der nicht-depressive Partner zeigen muss. Ansonsten ist eine Ehekrise sehr wahrscheinlich.

Obgleich es schwerfallen mag, sollte der gesunde Partner den Depressiven stets aufs Neue motivieren.

Besonders hilfreich haben sich Spaziergänge und generell der Aufenthalt in der freien Natur erwiesen. Das Zusammenspiel aus frischer Luft, körperlicher Aktivitäten und Natur erweist sich bei depressiven Menschen als sehr förderlich. Der Depressive sollte dabei die Möglichkeit haben, seine Aufmerksamkeit selbstbestimmt auf Dinge zu richten, die um ihn herum sind. Ein Baum, ein großer Felsbrocken, ein ruhig dahinplätschernder Bach wirken beruhigend und vermitteln ein Gefühl der Erdung und des Ankommens. Plätze mit vielen Menschen und lautem Treiben sollten bewusst vermieden werden. Weitere empfehlenswerte Unternehmungen können Besuche von interessanten Museen (falls der Betroffene dafür bereit ist) oder eigenes künstlerisches Arbeiten sein. Hat das Paar vertrauenswürdige Freunde, sollte der Kontakt zu ihnen bewusst aufrechterhalten werden.

Keine Angst vor dem Versagen

Der Umgang mit Depressiven ist schwierig. Wer ihnen Liebe und Verständnis schenkt, kann jedoch die Heilung positiv beeinflussen. Für den Depressiven ist es wichtig, dass er einen starken Partner an seiner Seite hat, der mit ihm alles durchsteht. Leider muss an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass eine Depression einen fatalen Verlauf annehmen kann. Nicht immer ist es möglich, den Erkrankten vor der schlimmsten Konsequenz zu bewahren: der Selbsttötung. Geschieht dies, steht der Hinterbliebene vor einer neuen Herausforderung. Er muss den Tod des Partners und etwaige Schuldgefühle deswegen überwinden.

Obgleich bei schweren Krankheitsverläufen ein Suizid möglich ist, sollte dieser Gedanke den nicht-depressiven Partner nicht handlungsunfähig werden lassen.

Versagensängste sind menschlich, aber niemand sollte sich von diesen bei seiner konstruktiven Hilfe einschränken lassen.

In der gemeinsamen Überwindung der Depression liegt eine Chance für eine noch bessere Ehe

Der Blickwinkel auf Situationen entscheidet, wie wir sie bewerten und was wir aus ihnen machen. Umso wichtiger ist es, die Depressionen des Partners aus einer förderlicher Perspektiven zu betrachten. Eine Partnerschaft, die bereits vor der Depression instabil war, wird eine Depression bei einem der Partner kaum durchstehen. Bei einer stabilen Partnerschaft ist dies anders. Auch sie kann durch Depressionen in die Ehekrise rutschen, aber sie kann daraus gestärkt vorgehen, indem beide sie meistern. Die depressive Phase ist dann die Chance, die Partnerschaft neu zu definieren und mehr voneinander zu erfahren.

In diesem Artikel haben wir auf diese Websites und Beiträge hingewiesen:

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Photo by Cristian Newman on Unsplash

Publiziert am 
Jun 29, 2020
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