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enschliche Beziehungen bergen stets Konfliktpotenzial. Das trifft demnach ebenfalls auf Partnerschaften zu. Krach entsteht häufig bei einschneidenden Veränderungen im Leben. Das kann ein Hausumbau sein oder eben auch die Geburt eines Kindes. Anstelle sich sorglos am Elternglück zu erfreuen, entwickelt sich eine Ehekrise wegen des Babys. Das kann sogar so weit gehen, dass die Ehe am Baby zerbricht.

Unterschiedliche Erwartungen und mehr Stress als Auslöser für Ehekrise mit Baby

Baby und Ehekrise fallen gar nicht so selten zusammen. Der Grund dafür kann in den Erwartungen an den Partner stecken. So haben manche Partner ganz konkrete Vorstellungen davon, wie sich der andere jetzt verhalten soll. Vielleicht versteht die Frau nicht, warum ihr Mann immer noch mit Freunden Fußball guckt. Er sollte die Freizeit doch besser zu 100 % mit dem neuen Baby verbringen. Der Mann versteht eventuell nicht, weshalb seine Frau Milch fürs Fläschchen abpumpt und nicht stets die Brust direkt gibt. Um Stress wegen Dingen wie diesen zu vermeiden, sollte das Paar sofort und offen über die Erwartungen sprechen. Nur so ist es möglich, sich aneinander anzunähern. Es bringt nichts, den Frust aufzustauen und irgendwann ohne ersichtlichen Grund abzulassen.

Eine Ehekrise im ersten Babyjahr kann sich zudem in einem erhöhten Stressniveau begründen. Niemand kann sich auf das Elternsein zu 100 % vorbereiten.

Viele neue Situationen prasseln auf Mutter und Vater ein, die es zu bewerkstelligen gibt. Stress ist somit vorprogrammiert. Dieser macht Vater und Mutter „dünnhäutiger“ und somit weniger stressresistent. Das wiederum kann dazu führen, dass die speziellen Eigenheiten und kleinen Macken des Partners deutlicher hervortreten und jetzt als lästig empfunden werden. War der Partner vor dem Baby ein süßer Chaot, ist er jetzt auf einmal ein schlampiger Störenfried. Auch hierbei ist es zwingend erforderlich, mit dem Partner zu reden. Vorab ist eine ehrliche Selbstreflexion erforderlich, denn der Partner hat sich nicht verändert, sondern nur der eigene Blick auf eine seiner Verhaltensweisen. Daher wären Anschuldigungen wie „Du bist so schrecklich schlampig“ nicht fair. Besser wäre: „Mich hat es vor dem Baby nicht gestört, dass Du häufig unordentlich bist. Jetzt habe ich jedoch wegen des Kindes so viel zu tun, dass mir das Nachräumen deiner Sachen schwerfällt. Kannst Du daher bitte ab jetzt darauf achten, Deine Sachen selber wegzuräumen?“

Ehekrise mit Baby: eine neue Liebe ist da

Ein Baby stellt das Leben auf den Kopf. Es verändert den Alltag einschneidend, aber auch die Gefühlswelt. Eltern empfinden auf einmal eine Liebe, die sie in diesem Ausmaße oft nicht kannten. Darüber hinaus kommen oft Erinnerungen an die eigenen Eltern hoch, die nicht immer schön sein müssen. Gerade dies kann Eltern in ein Gefühlschaos stürzen. Sie möchten alles besser machen als ihre eigenen Eltern. Sie wollen das Kind vor all den Schlechtigkeiten dieser Welt bewahren, wodurch sie sich im Extremfall in sogenannte „Helikopter-Eltern“ verwandeln können. Manchmal hat der eine Partner eine andere Einstellung zur Beziehung zum Baby und zur Kindererziehung. Dies kann zu Konflikten führen, die gefühlsbetont und hitzig diskutiert werden.

In einigen Fällen entwickelt sich bei einem Partner sogar eine Eifersucht aufs Kind, da dieses nun im Mittelpunkt des Lebens steht.

Bei Problemen wie diesen ist es besonders wichtig, sich selbst zu hinterfragen:

  • Bin ich wirklich überfürsorglich und wenn ja, warum?
  • Weshalb bringt es mich aus der Fassung, wenn jemand anderer aufs Baby aufpasst?
  • Warum bin ich aufs Kind eifersüchtig?

Wer ehrlich Fragen wie diese beantwortet, kann oft Konflikten vorbeugen, sich dem Partner besser erklären und letztlich eine Ehekrise wegen dem Baby verhindern.

Ehekrise durch Baby: auf einmal fehlen die Gefühle für den Partner

Der Partner, der in der Elternzeit ist, distanziert sich manchmal von seinem Ehepartner. Er fühlt sich unverstanden, unzureichend und sogar überfordert, worauf er feindlich und aggressiv gegenüber dem Partner reagiert. Unterbewusst gibt er ihm die Schuld für die negativen Gefühle. Gleichzeitig ist jedoch die Bindung ans Kind stark. Das Baby erhält nun alle positiven Emotionen und der Partner bekommt den Frust ab.

Aufgrund der negativen Einstellung zum Partner leidet oft auch das Sexleben. Das kann ebenfalls Auslöser für eine Krise sein, denn der andere fühlt sich nun zurückgestoßen. Wichtig ist es, dass sich das Paar weiterhin Zeit für sich nimmt. Das Kind ist eine unermessliche Bereicherung fürs Leben, doch dadurch sollte die Partnerschaft nicht leiden. Wer in Elternzeit geht, der sollte sich mental darauf vorbereiten. Durch Aktivitäten mit dem Kind kann sich der Partner, der Zuhause bleibt, vor einer Isolation schützen. Denn er nun aufgrund der Elternzeit wenig Kontakt zu anderen Menschen hat, dem fehlt der Umgang mit anderen Erwachsenen. Der Anspruch an den eigenen Partner steigt. Sobald er heimkommt, möchte man ausgiebig über den eigenen Tag sprechen. Der Partner, der weiterhin arbeitet, sollte den anderen in der Elternzeit weiterhin wertschätzen. Es ist eine ganz eigene Leistung, auf ein Kind aufzupassen und dieses zu erziehen.

Das Baby ist nicht der Grund – nur Auslöser

Der Ausdruck „Ehekrise wegen Baby“ ist nicht ganz richtig. Es ist nicht das Baby, welches die Ursache für die Ehekrise ist, sondern es sind die Einstellungen, Gefühle und unterschwelligen Konflikte des Ehepaares. Das Baby ist daher eher der Auslöser. Und Auslöser sind austauschbar:

Ähnliche Konflikte können nämlich in Ehen ohne Kinder entstehen.

Wenn sich die Umstände im Leben drastisch ändern, entwickelt sich Stress. Das Paar sollte an der Partnerschaft und an sich selber arbeiten. Wie wird mit veränderten Situationen umgegangen? Welche Gefühle schlummern in mir, die zu bestimmten Momenten hochkommen? Wie kann ich Stress besser meistern?

Machen Sie sich zusammen bewusst, dass das Kind eine große Veränderung ins Leben bringt – in jedem Lebensbereich. Schaffen Sie sich Ruhezonen vor dem Stress und bewahren Sie sich Ihre Zweisamkeit. Nehmen Sie das Kind als Geschenk an Sie beide an, dass es zu behüten gilt. Wichtig für das Kind ist, dass Sie als Paar glücklich sind. Arbeiten Sie daher auch aus Liebe zum Baby an einer gesunden Partnerschaft. 

→ Extra Hinweis: Hier sollte noch ein kleiner aber ganz wichtiger Grundsatz erwähnt werden:

Streiten Sie nicht vor dem Kind oder in seiner Hörweite.

Dies ist außerordentlich destabilisierend für Kinder jeden Alters - aber ganz besonders für Babys. Plötzliche Fieberschübe und Kinderkrankheiten wurden nach häuslichen Streitigkeiten beobachtet und scheinen die Reaktion des Kindes auf solche stark verunsichernde Erlebnisse zu sein. Falls sich einmal ein Streit nicht vermeiden lassen sollte, den die Kinder mitanhören, versichern Sie den Kleinen anschließend, dass es nur eine Meinungsverschiedenheit war, und Sie sich nicht scheiden lassen werden oder die Kinder der Grund für die Streiterei waren. Das nennt man dann “Schadensbegrenzung” und ist in jedem Fall besser, als die Kinder als Unbeteiligte im Ungewissen zu lassen.

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Photo by Jonathan Borba on Unsplash

Publiziert am 
May 1, 2020
 in Kategorie:
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