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teckst du in einer Beziehung, in der dich dein Partner ständig runter macht? Wirst Du kleingehalten? Dann steckst du wahrscheinlich bereits in einer Ehekrise oder schlitterst gerade hinein. Dieses Gefühl, dauernd abgewertet zu werden, ist eine echte Bedrohung für eure Beziehung. Die Partnerschaft ist bereits in einem Ungleichgewicht und du bist unglücklich. Was steckt dahinter?

Abhängigkeit und Autonomie: eine Grauzone

In deiner Kindheit warst du aufgrund deiner körperlichen Entwicklung naturgemäß von deinen Eltern abhängig. Das ist normal und in Ordnung. Allerdings ist deine geistige Entwicklung nie komplett beendet, denn du lernst immer noch dazu. Der Schritt ins Erwachsenenleben, also die mentale Reife, erreichen Menschen zu unterschiedlichen Zeiten: der eine früher der andere später.

Diese Grenze zwischen klein und groß zu ziehen, bedeutet den Schritt von einer Abhängigkeit in die Selbständigkeit zu vollziehen. Das ist nicht immer ganz leicht. In Liebesbeziehungen fällt es uns dies nicht selten schwer. Warum? Nun, wir begeben uns in eine gewisse Form der Abhängigkeit, denn wir lieben diese andere Person und möchte nicht ohne sie sein. Es ist daher verständlich, dass wir uns in der Liebe rasch verletzt und klein fühlen. Jetzt lieben wir immerhin jemanden so stark, wie wir zuvor nur unsere Eltern geliebt haben.

In einer gesunden, gut funktionierenden Ehe achten beide Partner deswegen auf einen emotionalen Ausgleich. Gerechtigkeit und Fairness sind sehr wichtig.

Deine Bedürfnisse sind so wichtig wie die deinen Partners. Keiner der Partner wird zum dominanten Elternteil, der den anderen in die Kinderrolle hineindrängt. Um das zu verhindern, gehen wir mit Respekt mit dem Partner um und fühlen uns in ihn ein. Jeder muss bereit sein, sein eigenes Verhalten infrage zu stellen. Das hört sich in der Theorie ganz leicht an, aber die Gefühle und alte Denkmuster machen uns gelegentlich einen Strich durch die Rechnung. Du kannst nicht immer ein perfektes, empathisches Verhalten an den Tag legen, aber du kannst dich darum bemühen. Begehst du einen Fehler, entschuldigst du dich.

Wann fühlen wir uns klein?

Wenn einer der Partner in der Ehe Achtsamkeit und Respekt aufgibt, fühlt sich der andere früher oder später klein. Das ist der Beginn einer gefährlichen Ehekrise, die nicht selten in der Scheidung endet. Sobald bei Paaren einer nicht mehr sachliche Kritik an dem Tun des anderen vorbringt, sondern ihn als Person kritisiert, beginnt eine Spirale der Verachtung und Entwertung. Jetzt sagt der eine Ehepartner zum anderen „Wie doof bist du eigentlich? Kannst du nicht einmal daran denken, Grillkohle mitzubringen?“ Eigentlich müsste der Satz lauten: „Wie ärgerlich, dass du die Grillkohle nicht mitgebracht hast. Aber, ich weiß was wir machen: Ich rufe meine Schwester an, die kann welche mitbringen, wenn sie zum Grillen kommt.“ Der letzte Satz kritisiert die Situation und bietet sogar eine konstruktive Lösung. Der erste Satz hingegen ist eine klare Abwertung der eigenen Person. Der andere kommt schnell in den Verteidigungsmodus und sagt dann „Ich habe doch sonst an alles gedacht. Nur die Grillkohle habe ich vergessen. Vielleicht hättest du mich daran erinnern sollen. Mensch, du denkst nie mit!“ Und schon ist der Streit da.

Vielleicht kennst du eine vergleichbare Situation mit deinem Ehepartner. Gelegentlich kann dies aus Wut oder Enttäuschung vorkommen. Das heißt nicht automatisch, dass dein Partner dich kleinhalten will.

Häufig kämpft er gegen seine eigenen Dämonen. Bleibst du ruhig und bedacht, legt sich die Aufregung von selbst und es folgt eine Entschuldigung wie „Ich halte dich doch für gar nicht blöd. Ich bin nur so nervös, dass meine Schwester endlich mal vorbeikommt. Ich will die Gelegenheit nutzen, um mit ihr abzusprechen, wie wir das mit der Pflege von Mama machen.“

Das bewusste Kleinhalten

Sich hin und wieder in der Partnerschaft klein zu fühlen, kann aus Unachtsamkeit passieren. Manchmal ist gar nicht der Partner daran schuld, sondern wir selbst fallen in alte Denkmuster aus der Kindheit zurück. Ein Glaubenssatz wie „Ich bin nie gut genug“ hat sich so fest in uns eingeprägt, dass er in schwachen Momenten hochpoppt.

Leider gibt es aber auch einen anderen Fall: die bewusste Abwertung durch den Partner. Glaubst du, dass dein Ehepartner dich aus „strategischen Gründen“ kleinhalten möchte, besteht ein weitaus größeres Problem, welches sich nicht oder nur sehr schwer beheben lässt. Jetzt kann es sein, dass du mit einem Narzissten zusammenlebst. Die sich daraus ergebende Ehekrise ist kaum zu meistern. Oft bleibt nur die Trennung, um sich selbst zu schützen.

So machen Narzissten ihren Partner klein

Narzissten möchten an der ersten Stelle in der Beziehung stehen. Deswegen machen sie ihren Partner klein, bevor er von außen zu viel Bestätigung erhalten könnte. Nur so kann der Narzisst die Hierarchie in der Partnerschaft aufrechterhalten. Der Partner erhält nie die Chance, sich über den Narzissten zu erheben. Er darf zwar auch nach außen hin glänzen, aber nur, damit der Narzisst selbst angeben kann. Nichts darf ihn selbst schlecht aussehen lassen.

Obgleich der Partner den Narzissten nie verärgern wollte, werden ihm Vorwürfe und Kritik an den Kopf geschmissen. Eigentlich gibt es keinen Grund für diese Nörgeleien und Anfeindungen, aber der Narzisst will seine Machtstellung bewahren. Er gerät daher in Wut und wirft mit Aussagen um sich wie:

  • „Du bist nichts ohne mich.“
  • „Vor mir warst du nur eine jämmerliche Gestalt.“
  • „Nie wieder wirst du jemanden so Tolles wie mich finden.“
  • „Schau dich mal an. Du siehst furchtbar aus. Eigentlich habe ich etwas Besseres verdient.“
  • „Du erhältst nur meinetwegen diese Aufmerksamkeit. Wenn die andere dich so sehen würden, wie ich das tue, würde dich keiner mögen.“

All das sind unwürdige Aussagen, die den Partner tief im Herzen treffen und den Selbstwert herabsetzen. Er wird bewusst klein gehalten, fühlt sich schuldig und minderwertig.

Schnell taucht die quälende Frage auf „Bin ich ein schlechter Mensch?“. Jetzt wird der Partner alles tun, um den Fehler zu korrigieren.

Der Narzisst soll glücklich gemacht werden. Der Partner erkennt aber nicht, dass das gar nicht möglich ist, weil ein anderer Grund hinter der Kritik steckt: Der Narzisst hat eine immense Angst davor, nicht mehr so bewundert zu werden, wie ihm es doch seiner Ansicht nach zustehen müsste. Sein grandioses und fragiles Selbstbild könnte zerbrechen.

Kleingehalten: Was kann ich tun?

Überlege im ersten Schritt, ob dein Partner dich bewusst kleinhalten möchte oder du dich „nur“ kleingemacht fühlst. Unter Umständen weiß dein Gegenüber gar nicht, dass du dich mies und klein fühlst. Aus diesem Grund bleibt nur eine Möglichkeit: Bleib erwachsen und fordere Respekt ein. Wehre dich nicht gegen die Vorwürfe, sondern gegen die herablassende Haltung, die dein Partner gerade einnimmt. Hilfreich sind Sätze wie:

  • „Bitte sprich mit mir nicht so verächtlich.“
  • „Du tust mir weh, wie du mit mir sprichst. Ich lasse mich so nicht behandeln.“
  • „So lass ich nicht mit mir sprechen.“

Du nimmst so eine klare Position ein und setzt Grenzen. Das ist okay, obgleich ein Konflikt entstehen kann. Dieser ist allerdings unumgänglich, wenn wir uns nicht kleingemacht fühlen wollen. Dabei ist unerheblich, welchen Grund der Partner für das Abwerten hat. In einer gesunden Partnerschaft hört er auf unseren Wunsch, mit uns nicht mehr so zu sprechen. Natürlich kann dies in einer langen Ehe wieder vorkommen, aber es darf nicht häufig sein. Verachtung, dauerhafte Kritik und Entwertung zerstören jede Partnerschaft. Überwiegt kein liebevolles Miteinander mit dem Partner, sondern wirst du konsequent klein gehalten, ist eine Trennung besser.

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Photo by Charl Folscher on Unsplash

Publiziert am 
Dec 20, 2021
 in Kategorie:
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